Mit nur 53 Getreuen marschiert Friedrich Hecker am 13. April von Konstanz Richtung Donaueschingen ab. Nach und nach schließen sich ihm aber doch einige hundert Bewaffnete an. Der ehemalige badische Leutnant Franz Sigel ist der einzige Freischarführer mit militärischem Geschick. Er sammelt eine zweite Kolonne, die zeitweise auf 4000 Mann anwächst und führt sie in das Wiesental nach Todtnau. Gustav Struve und der Wirt Weißhaar aus Lotstetten ziehen mit einer weiteren gut bewaffneten Truppe von einigen hundert Mann am Hochrhein entlang.
Was es genau mit dem Hecker-Zug auf sich hat, wo er sich und mit wie vielen Bewaffneten eigentlich befindet, weiß in Freiburg niemand. Verlässliche Informationen fehlen, denn die Kommunikationsmittel sind schlecht. Es gibt keine Telefone, keine Fax-Geräte, noch nicht einmal Telegraphen. Und was berittene Boten an Briefen und Depeschen weitertransportieren, kommt oft nicht beim Empfänger an, weil der Bote in die falsche Richtung reitet, ein Verräter oder ein Agent der Gegenseite ist. Aber die Gerüchteküche brodelt. Mal heißt es, Hecker sei mit tausenden von Männern schon vor den Toren der Stadt, ein anderes Mal, er sei schon in die Schweiz geflohen.
Am 14. April reist Karl von Rotteck nach Stockach und sucht Friedrich Hecker auf. Der Freiburger Advokat bringt seine Bedenken gegen das Unternehmen vor, doch Hecker ist geblendet von den Ovationen in den kleinen Dörfern: „Angelangt in Stockach wurde ich von den noch aus mehreren hunderten bestehenden Anwesenden auf das Herzlichste empfangen, mir die Hand gedrückt, gejubelt, umarmt, es lebe die Republik, schallte es durch die Lüfte, und mit den höchsten Betheuerungen drängte man sich herbei, versprach bewaffneten Zuzug in Masse“. Merkwürdig ist nur: „Von den Leuten, welche Struve und mir nach dem Unterlande gekommen waren und zum Losschlagen aufforderten, weil das Volk nicht mehr zu halten sei, haben wir nur äußerst wenige beim Zuge gesehen“. Karl von Rotteck reist zurück nach Freiburg und verspricht, Hecker einen triumphalen Empfang zu bereiten.
Freiburg zaudert – Revolution oder Recht und Ordnung?
Die Voraussetzung dazu schienen nicht ungünstig. Ebenfalls am 14. April tritt in Freiburg wiederum eine von 900 Bürgern besuchte Gemeindeversammlung zusammen. Sie fasst einen „Neutralitätsbeschluß“, den die Revolutionäre jedoch als stillschweigende Duldung (miß)verstehen: „Für den Fall, dass der revolutionäre Aufruf des Friedrich Hecker und Gustav Struve vom 12. des Monats bei dem größeren Teil der Bevölkerung des Seekreises wirklich Anklang finden sollte und dass dann große bewaffnete Massen nach dem Breisgau ziehen und insbesondere auch nach Freiburg sich wenden sollten, erklärt die Bürgerschaft, dass sie der Bewegung der Bevölkerung des Seekreises kein Hindernis entgegensetzen, also auch nicht feindselig entgegentreten werde, dass sie sich dagegen von jeder Teilnahme an der Bewegung lossage. ... Sollten einzelne Personen der Stadt der revolutionären Bewegung sich anschließen wollen, worüber diese mit ihrem Gewissen zu Rate gehen mögen“, so könne die Bürgerschaft dieses nicht hindern.
Die Regierung in Karlsruhe schäumt, doch Bürgermeister Joseph von Rotteck erklärt, die Stadt sei schließlich vom Militär entblößt und man habe Revolutionäre in den eigenen Reihen zu befürchten. Am 17. April wird die Bürgerwehr zu den Waffen gerufen und mit Munition versehen. Eine allgemeine Spannung und Unruhe breitet sich aus. Gerüchte kursieren, die Zeitungen wissen nichts genaues: „Hecker und Struve haben ... so wenig Anklang ... gefunden, dass sie zuletzt das ganze Unternehmen als gescheitert erkennen und fernere Versuche zu dessen Durchführung aufgeben mussten.“ Nachdem sie gemerkt hätten, dass Donaueschingen bereits von württembergischen Truppen umstellt sei, hätten sie die Flucht in die Schweiz ergriffen, behauptet die „Oberrheinische Zeitung“ am 17. April. „Auf so traurige Weise endigte also ein Drama, dem der Beobachter der Beschaffenheit der ganzen Bewegung und deren Veranlassung nach, schon beim Beginne keinen Ausgang des Gelingens verheißen konnte.“
Doch der (erleichterte?) Abgesang kommt zu früh. Tatsächlich müssen Hecker und Struve vor dem aufmarschierten württembergischen Militär um Donaueschingen abdrehen und die Marschroute ändern. Der direkte Weg durch das Höllental nach Freiburg ist den Freischärlern somit verlegt. Die drei Kolonnen ziehen jedoch jede für sich weiter durch den verschneiten Schwarzwald, ohne sich zu vereinigen. Heckers Avantgarde schlägt ohne Absprache mit den Führern der anderen Einheiten den bequemeren Weg durch das Wiesental in die Rheinebene ein. Dort aber wartet badisches und hessisches Militär unter dem Befehl von Friedrich von Gagern, dem Bruder des Präsidenten der Nationalversammlung Heinrich von Gagern. Die Eisenbahn hat das Expeditionscorps bis nach Schliengen gebracht. Hecker marschiert am 19. April über die Ausläufer des Südschwarzwald bei Kandern direkt auf die Truppen zu und er will dieses Zusammentreffen. Der redegewandte Volkstribun ist fest davon überzeugt, dass er mit einer flammenden Rede die Mehrzahl der Soldaten zum Überlaufen bewegen kann.
Die Freiburger Freischärler bewaffnen sich . Die Armee kreist die Stadt ein
Die Freiburger Revolutionäre werden ungeduldig. In der Nacht des 19. April versammelt sich eine Menschenmenge vor dem Lokal der Bürgerlichen Lesegesellschaft in der Grünwälderstraße und verlangt die Herausgabe der dort lagernden Sensen. In Ermangelung von Gewehren wurden diese von der Lesegesellschaft als Waffenreserve angeschafft. Karl von Rotteck und sein Cousin Joseph, der Bürgermeister, beschwichtigt die Menge und schafft es, das sie sich auflöst. Zwei Tage später müssen die Sensen angesichts einer erneuten und immer drohender sich gebärdender Versammlung dann doch herausgerückt werden, unter der Bedingung, dass sich die Sensenmänner unter den Befehl der Bürgerwehr stellen. Der Kreisausschuß der Volksvereine ruft am Gründonnerstag zu einer Volksversammlung für Karsamstag, den 22. April auf. Aus Lörrach wird bekannt, dass die Versammlung der politischen Vereine tags zuvor den Beschluss gefasst hat, „dem Dr. Hecker offen zu erklären, dass das Oberland in der überwiegenden Mehrheit seiner Bewohner für die Republik nicht gestimmt sei, ... weshalb man ihm anrathe, von seinem Unternehmen abzustehen.“
Heckers Waterloo – die Niederlage auf der Scheideck bei Kandern
Am Karfreitag wird in der Oberrheinischen Zeitung zum ersten Mal von einem Gefecht zwischen Heckers Freischar und Militär bei Kandern berichtet. In Offenburg ist in der Nacht vom Mittwoch auf den Donnerstag die Republik ausgerufen worden, weil man Hecker schon ganz nahe wähnte. Auf das Gerücht hin, dass Truppen im Anmarsch seien, wurden die Barrikaden in den frühen Morgenstunden aber schleunigst wieder abgebaut.
Die „Oberrheinische Zeitung“ druckt am Karsamstag, 22. April, einen Bericht „von einem achtbaren Bürger, der sich gestern in und um Kandern aufgehalten hat“. Demzufolge sei es am 20. April in Kandern tatsächlich zum Gefecht zwischen Freischärlern und Militär gekommen. Auf der Passhöhe Richtung Steinen habe das Militär „einen Hauptangriff gemacht, den die Republicaner mit Kleingewehrfeuer erwidert hätten. Ihr gut unterhaltenes Feuer habe den Hessen großen Schaden zugefügt, und der Commandirende v. Gagener, sei von mehreren Kugeln durchbohrt, gefallen. Unser Gewährsmann sah später den Obercommandanten selbst und zählte mehrere Brustwunden desselben.“
Tatsächlich standen sich am Vormittag des 20. April auf der Passhöhe zwischen Steinen und Kandern (heute Kreis Lörrach) der Haupttross des Heckerzuges und eine Spezialeinheit badischen und hessischen Militärs gegenüber. Kommandeur der Regierungstruppe war der Offizier Friedrich von Gagern – der Bruder des späteren Präsidenten der Deutschen Nationalversammlung, Heinrich von Gagern. Nach erfolglosem „Parlamentieren“ – dem Wortwechsel vor dem Gefecht – versuchten Hecker und seine Freischärler, Soldaten zum Übertritt zu bewegen. Kommandeur von Gagern unterband dies mit seiner Pistole und eröffnete damit das Gefecht. Schon beim ersten Schusswechsel fiel von Gagern getroffen vom Pferd und starb an Ort und Stelle. Die beiderseitige Verunsicherung führte zum Chaos, viele Freischärler flohen, auch Hecker, der sich über Wald und Feld bis zur Schweizer Grenze durchschlug und fortan frustriert nicht mehr in das Geschehen eingriff. Obwohl Gustav Struve und Leutnant Sigel mit jeweils eigenen Marschkolonnen noch am Hochrhein bzw. im Wiesental unterwegs waren.
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