VON HEINZ SIEBOLD
Der am 10. November 1805 in München als Sohn eines Diplomaten in russischen Diensten geborene Advokat und Journalist ist mit Friedrich Hecker Initiator und Organisator der ersten Volkserhebung 1848. Der Vegetarier und Theorektiker steht immer im Schatten seines Freundes Hecker und zieht durch seinen Rigorismus und Dogmatismus viel Kritik, aber auch ungerechtfertigte Verleumdung auf sich. Struve geht nach dem gescheiterten April-Aufstand von 1848 in die Schweiz und arbeitet für einen neuen Aufstand. Am Tag nach Heckers Einschiffung in Southampton Richtung Amerika, am 21. September 1848 ruft er in Lörrach die deutsche Republik aus und sammelt - diesmal mit mehr administrativem Druck als revolutionärer Überzeugungsarbeit - eine Truppe aus Bürgerwehren und Freischärlern. Auch die zweite “Schilderhebung” scheitert und das schon nach vier Tagen. Struves eilig zusammengetrommelte Truppe - etwa 2000 Mann - ist auf ihrem Marsch über das Markgräflerland in zwei Tagen gerade einmal bis Staufen gekommen. Am 24. September zerschlägt ein Korps unter Leitung von Kriegsminister Hoffmann, assistiert von General von Gayling die schlecht motivierte Armee der Aufständischen in Staufen.
DAS URTEIL: HOCHVERRAT
Gustav Struve, seine Frau Amalie und die Kampfgefährten Karl Blind und Wilhelm Liebknecht werden in Wehr gefangengenommen und in den Gefängnisturm in Freiburg am Holzmarktplatz gebracht. Struve und Blind werden im März 1849 in einem aufsehenerregenden Hochverratsprozeß zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Der Prozeß gerät zum politischen Tribunal gegen die Regierung und das Strafmaß liegt weit unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Nach seiner Befreiung durch rebellierende Soldaten im Mai 1849 aus dem Gefängnis in Bruchsal beteiligt sich Struve an der 49er Revolution als Opponent gegen den Chef der provisorischen Regierung, Lorenz Brentano. Nach der erneuten Niederlage der Revolution flieht Struve mit seiner Frau wieder in die Schweiz. In Genf schreibt er die Geschichte der drei Volkserhebungen. Auf Druck Preußens und der großherzoglichen Regierung Badens muß das Ehepaar die Schweiz verlassen und darf Frankreich nur als Durchgangsstation nach Amerika benutzen.
AB NACH AMERIKA
Am 11. April 1851 schiffen sich Struve, seine Frau Amalie und sein Schwiegervater Düsar in Liverpool ein und reisen mit einem Segelschiff nach Amerika. Die Struves gehören nicht zu denen, die jubelnd empfangen wirdn. “Wir hatten nicht auf acht Tage hinaus zu leben, und wußten nicht, was wir ergreifen sollten. Doch wir hatten frischen Mut. Meine Amalie setzte in mich und meine Sterne ein unbedingtes Vertrauen und ich fühlte mich glücklich, wen ich sie sah oder nur an sie denken konnte”, schreibt Gustav Struve 1863 in seiner Schrift “Diesseits und jenseits des Ozeans”.
Lithografie von Frédéric-Charles Wentzel, Wissembourg, Landesarchiv_Baden-Wuerttemberg_Generallandesarchiv_Karlsruhe_J-G_S_14_Bild_1_(4-1232860-1)
Struve versucht, seinen “Deutschen Zuschauer” wieder herauszubringen, muß ihn aber nach einem dreiviertel Jahr aus finanziellen Gründen wieder einstellen. Zusammen mit Amalie gibt er die “Weltgeschichte” in mehreren Bänden heraus. Er hält Vorträge und schreibt wiederum gemeinsam mit seiner Frau das Trauerspiel “Abälard und Heloise” für das deutsche Theater in New York. Das Stück fällt in der Kritik durch. In New York kommt er 1856 in Kontakt mit den dortigen Arbeitervereinen und redigiert die Wochenschrift des Allgemeinen Arbeiterbundes “Die soziale Republik”. 1860 kamen die einzige überlebende Tochter der Struves zur Welt.
HAUPTMANN IN DER NORDSTAATEN-ARMEE
Ab 1861 kämpft er wie andere Republikaner im Sezessionskrieg auf der Seite der Nordstaaten. Der gescheiterte Revolutionär, dem jegliche militärischen Führungsfähigkeiten fehlten, meldet sich bescheiden als “gemeiner Soldat” zum 8. New Yorker Freiwilligenregiment das vom Pfälzer Oberst Ludwig Blenker kommandiert wird. Er nimmt an mehreren Schlachten teil und avanciert bis zum Hauptmann. Als Prinz Felix von Salm das Kommando des Regimentes übernahm, quittiert Struve den Dienst. “Ich kann nicht unter einem Prinzen dienen”, erklärt er Otto von Corvin, der Struve umstimmen will.
Nach dem Tod seiner Frau Amalie (1862) kehrt Gustav Struve im Zuge einer Amnestie 1863 nach Deutschland zurück. Die Vereinigten Staaten wollen ihn zum Konsul von Thüringen machen, doch seine feudalen Gegner verhindern die Beglaubigung. Er muß sich wieder als Journalist durchschlagen und gerät dabei wie früher in Konflik mit der Obrigkeit. Schon Struves erster Artikel in der “Allgemeinen deutschen Arbeiterzeitung”, herausgegeben von einem Rechtsanwalt Feodor Streit aus Koburg, führt zur Beschlagnahme des Blattes, denn Struve hatte die deutschen Fürsten samt und sonders als Hochverräter bezeichnet, die vor das Hochgericht des Volkes zitiert werden sollten. Mit dem Heidelberger Historiker Ludwig Häusser liefert sich Struve eine heftige publizistische Fehde wegen des Verbleibs von 15.000 Gulden Staatsgeldern aus der Erhebung vom September 1848. Eine politische Rolle spielt Struve nicht mehr.
Am 20. Dezember 1868 heiratet Gustav Struve Frau Katharina Kölig, geschiedene von Zentner. Das Ehepaar lebt zurückgezogen zunächst in Stuttgart, dann in Wien. Dort stirbt Gustav Struve am 21.8.1870 an den Folgen einer Lungenentzündung.
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