VON HEINZ SIEBOLD
Der in Sinsheim 1824 geborene Sohn eines katholischen Oberamtmannes ist bis 1847 Artillerieleutnant der großherzoglichen Armee und quittiert aus politischen Gründen den Dienst. Sigel stellt als militärischer Berater das Mannheimer Sensenkorps auf und kommandiert 1848 die Konstanzer Bürgerwehr. Trotz erheblicher Zweifel an dem Gelingen des Unternehmens stellt er sich im April 1848 dem bewaffneten Aufstand Heckers als Unterführer zur Verfügung. Er schafft es, eine Truppe von 4000 Mann vom Bodensee nach Todnau zu führen und will nach Heckers Niederlage auf der Scheideck mit seinen Männern Freiburg erreichen. Sein Versuch, sich an Ostermontag mit den Freiburger Freischälern zu vereinigen, schlägt fehl. Zusammen mit Theodor Mögling flieht er über den Schwarzwald in das Elsaß und die Schweiz. Am Struve-Aufstand nimmt Sigel nicht teil, stellt sich aber 1849 der provisorischen Regierung zur Verfügung. Er wird Oberbefehlshaber, verliert aber den Posten nach dem gescheiterten militärischen Vorstoß nach Hessen und wird später Adjudant des Kommandanten Louis Mieroslawski. Mieroslawski hält große Stücke auf seinen Adjudanten und erklärt: “Unsere Lage ist mißlich; allein so lange ich den kaltblütigen jungen Helden Sigel an meiner Seite habe, darf ich an nichts verzweifeln.” (Sigel, Denkwürdigkeiten, Anhang).
Als Miroslawski am 1. Juli 1849 dennoch resigniert, übernimmt Sigel wieder den Oberbefehl und führt die geschlagene Revolutionsarmee am 12. Juli 1849 geordnet in das Schweizer Exil. Dort lebt er wie eine Reihe anderer Flüchtlinge in Genf und schreibt Artikel in Schweizer Zeitungen. Die Regierungen Badens und Preußens üben Druck auf die Schweiz aus, die geflohenen Revolutionäre auszuweisen. Sigel weicht zunächst in den Kanton Tessin aus und schreibt in Lugano seine Erinnerungen über den badisch-pfälzischen Aufstand von 1849 nieder. Im April 1851 wird Sigel in Lugano festgenommen, nach Basel gebracht und aus der Schweiz ausgewiesen. Frankreich darf er nur als Transitstrecke nach Amerika benutzen. Doch er geht zunächst nach London, wo er Joseph Fickler, Amand Goegg, Carl Schurz und andere Mitstreiter aus den revolutionären Kämpfen trifft. Karl Marx, Friedrich Engels, Arnold Ruge, Louis Blanc, Ledru-Rollin und Giuseppe Mazzini - die erste Garde der europäischen Linken hält sich zu dieser Zeit in London auf. Sigel verkehrt vorzugsweise in der italienischen Szene und erinnert sich rückblickend gerne daran: “In dem kleinen Kreise revolutionärer Genossen in London fühlte man sich ganz gemüthlich, auch Mazzini selbst - der ‘Ernste’ - gab sich ganz dem Augenblick hin, unterhielt sich auf’s Freundlichste, spielte Schach und sang mit Guitarrenbegleitung kleine italienische Lieder.” (Sigel, Denkwürdigkeiten, S. 146) Doch Sigel gehört selbst nicht zu denen, die aus den Zinsen eines großen Vermögens leben können: “Einen kärglichen Lebensunterhalt erwarb ich mir damals durch Klavier- und Melodieonspielen in der ‘Chinese Exhibition’, einem ‘Side-Show’ der großen Weltausstellung von 1851.” (ebd)
In der Gesellschaft Arnold Ruges lernt Sigel seine spätere Frau Elise, geborene Dulon aus Bremen kennen. Der Staatsstreich Louis Napoleons in Frankreich vom 2. Dezember 1851 zerstört mit einem Schlag die Hoffnungen der europäischen Revolutionäre. Der Sieg der Reaktion im Mutterland der Revolution raubt den Emigranten die Hoffnung auf einen baldigen Erfolg ihrer Sache. Sigel wandert am 1. Mai 1852 mit seiner Braut nach Amerika aus, wo er von seinen beiden Brüdern Albert und Emil bereits erwartet wird. In New York wohnt er zunächst im “Konstanz-Hotel”, das vom ehemaligen badischen Leutnant Max Weber aus Achern geleitet wird. Sigel schreibt wieder Artikel und gibt zeitweise eine kleine militärwissenschaftliche Zeitschrift heraus. Im Herbst 1852 heiratet er Elise Dulon und arbeitet in St. Louis an der Schule seines Schwiegervaters, des Pädagogen Dr. Rudolf Dulon, als Lehrer.
GENERALMAJOR IN DEN USA
Im Sezessionskreig zwischen Nord- und Südstaaten ergreift er wie die meisten anderen Republikaner die Partei der Nordstaaten. Nur ein einziger prominenter deutscher Republikaner greift für die Südstaaten zu den Waffen und das ausgerechnet der vormals radikalste: Joseph Fickler, Abgeordneter und Redakteur der radikalen “Seeblätter” aus Konstanz. Seine Verhaftung am 8. April 1848 hatte Hecker zu seinem überhasteten Aufstandsversuch bewegt. Franz Sigel bringt es in der Nordstaatenarmee bis zum Generalmajor. Seine militärischen Verdienste, insbesondere in der Schlacht von Pea Ridge am 6. März 1862 werden jedoch von eifersüchtigen amerikanischen Generalen unterschlagen oder ignoriert. Die unbestrittenen militärischen Fähigkeiten von Sigel veranlassen andererseits den “Ministerresidenten” (eine Art Botschafter) der deutschen Handestädte, Dr. Schleiden, der großherzoglich-badischen Regierung nahezulegen, den General wieder in die badische Armee zurückzuholen, da es nicht viele qualifizierte Offiziere dieser Art gäbe. Die Initiative verläuft jedoch im Sande.
IN EINER EISENBANGESELLSCHAFT
Im Mai 1865 legt Sigel sein militärisches Kommando nieder und beginnt eine wirtschaftliche Karriere. Er wird Vizepräsident einer Eisenbahngesellschaft, 1871 Inlandsteuereinnehmer und Register der Stadt und des County New Yorks. Nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bewilligt der Kongreß ihm einen jährlichen Ehrensold von 1200 Dollar. Sigel bekleidet zahlreiche Ehrenämter und unterhält mit Freunden, Gesinnungsgenossen und Publizisten aus aller Welt eine rege Korrespondenz. Kurz nachdem Wilhelm Blos die “Denkwürdigkeiten des Generals Franz Sigel aus den Jahren 1848 und 1849” in Bruchsal in Druck gegeben hat, stirbt Franz Sigel am 21. August 1902 im Alter von 78 Jahren in New York.
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